Eigentlich sollte es eine Genuss-Kletterreise nach Kreta werden. Bis die Begegnung mit einem Kettenhund alles veränderte: Die Urlaubsfreude wich einer ernüchternden Erkenntnis. Viele Haustiere werden dort vernachlässigt oder müssen elendig sterben. Besonders Hunde vegetieren in grausamen Verhältnissen dahin. Das Ausmaß ihres Leidens ist unvorstellbar. Doch es gibt auch Möglichkeiten, als Tourist zu helfen. „Hinschauen statt Wegschauen“ hat sich der Tierschutzverein Südkreta e.V. zum Motto gemacht. Wie das gehen kann, hat die Autorin live erlebt. Eine Geschichte, die zum Handeln auffordert…
Entspannt eine Kletterwoche in Kreta verbringen, Sonne, Strand und geile Kletterwände – das wäre unser Motto gewesen. Schon bald aber sollte sich das Traumurlaubsfeeling relativieren. Denn: Wir trafen auf einen Hund. Nicht irgendeinen Streuner. Nein. Es war ein Kettenschäferhund. Nennen wir ihn Rex. Rex saß alleine mit einer drei Meter Leine an einer einsamen Sackgassen-Sandpiste angekettet. Der Futtereimer war leer, neben ihm stand ein Behälter mit grün gefärbtem Wasser und vielen Würmern drin. Er hatte bei über 30 Grad keinen Schatten und er presste sich neben die für ihn viel zu kleine Hundehütte, um wenigstens etwas Kühle durch sein dichtes Fell zu spüren. Rex konnte kaum laufen, seine Hüfte war kaputt, sein linkes Auge fast blind. Aber das Schlimmste war sein trauriger, leerer Blick, als wisse er um sein bescheidenes Schicksal. Wir näherten uns, verschüchtert blieb er liegen. Dieser Hund war vollkommen dem Wohlwollen seiner Besitzer ausgeliefert. Seinem Gesundheitszustand nach jedoch schienen sich die rein gar nichts um ihn zu scheren. Wie viele Jahre er hier wohl schon Wache hielt, alleine, tapfer und dahinsiechend?
Kettenhund „Rex“
Für Monate einsam in der Wildnis angekettet
In Griechenland ist es eine weitverbreitete Unsitte, Hunde irgendwo im Nichts neben Staubstraßen an Tonnen oder Bäumen anzuketten. Ihr Job ist es, Schafe oder Ziegen am Weglaufen aus bestimmten Weidegebieten zu hindern. Für die Hunde ist das ein grausames Schicksal. Hunde sind sozial aktive Tiere. Sie brauchen ein Rudel und Kontakt. Anstatt dessen krepieren sie in der Einsamkeit. Eingewachsene Halsbänder, halb verhungerte oder verkrüppelte Tiere sind keine Seltenheit. Rex ist also leider keine Ausnahme. Und wenn ein Hund verreckt ist, kommt der nächste an die Kette.
Kettenhundeprojekte durch Tierschutzvereine
Obwohl Griechenland in der EU ist und auch da Tierschutzgesetze gelten, werden kaum behördliche Eingriffe gegen die Tiermisshandlung vorgenommen. So haben in den letzten Jahren Tierschutzorganisationen begonnen, Kettenhundeprojekte und andere Maßnahmen zu initiieren. Der Tierschutzverein Südkreta e.V. geht dabei behutsam vor. Den Hund einfach mitzunehmen wäre zwar wünschenswert, aber auch Diebstahl. So wird der Besitzer ausfindig gemacht. Überzeugungsarbeit ist die Basis, damit das Tier auch längerfristig bessere Lebensbedingungen erhält. Wenn möglich werden für die Hunde taugliche Hütten und standfeste Wassernapfe besorgt. Auch wird der Hund medizinisch versorgt.
Spenden helfen maßgeblich
Natürlich kostet das alles viel Geld. Bis zu 500 Euro ist für eine Erstversorgung für einen Kettenhund zu rechnen. Deshalb ist der Tierschutzverein auf Spenden angewiesen. Jeder Euro zählt. Die Helferinnen und Helfer arbeiten alle ehrenamtlich. So kommt jede Spende auch 100 Prozent dem Tierschutz zugute. Neben dem Kettenhundeprojekt engagiert sich der Verein, streunende Tiere zu kastrieren. Wenn eine Hündin innerhalb von fünf Jahren zweimal jährlich zwei bis drei Welpen wirft, werden in dieser Zeit durch ihre Nachkommen über 2000 weitere wilde Hunde geboren. Eine Kastration kostet 100 Euro. Das Projekt zählt zu den wichtigsten des Vereins, um das Hundeelend einzudämmen.
Tiermisshandlung polizeilich anzeigen
Doch gerade auch Touristen können neben dem Spenden noch mehr tun. Wer ein misshandeltes Tier sieht, sollte die Tierquälerei mit Fotos dokumentieren und bei der nächsten Polizeistation anzeigen. Touristen bringen das Geld ins Land und finden deshalb leichter Gehör als Tierschutzverbände. Die Polizei ist verpflichtet, die Einhaltung des griechischen Tierschutzgesetzes zu überwachen. Parallel hierzu kann der Verein dann kontaktiert werden. Einfach, aber äußerst hilfreich ist es, sich als Flugpate zur Verfügung zu stellen. Gesunde Hunde werden manchmal nach Deutschland vermittelt. Der Tierschutzverein organisiert die gesetzlich vorgeschriebenen Formalitäten und es entstehen keine zusätzlichen Kosten für den Transfer.
Touristen haben Einfluss
Natürlich, wir sind in Kreta auch geklettert. Den Rex haben wir bei unserer An- und abfahrt ins Klettergebiet für wenige Tage begleitet: Frisches Wasser, Futter, ein kleines Schattendach hat er bekommen – und Streicheleinheiten. Nur: was dann? Damals wussten wir noch nicht, dass Touristen zur Polizei gehen sollen, um die Quälerei anzuzeigen. Aber es ließ uns keine Ruhe. Als wir zuhause nach Tierschutz in Kreta googelten, stießen wir auf den Tierschutzverein Südkreta e.V. Immerhin, wir konnten den Ort beschreiben, spenden – und nun wird Rex bald medizinisch versorgt und in einer besseren Hütte hausen – so es der Besitzer zulässt. Trotzdem, der traurige Blick des alleingelassenen Lebewesens wird sich kaum verändern. Nur wenn jeder Tourist hinschaut, die Polizei als auch den Tierschutz verständigt und durch Gespräche mit Einheimischen zur Bewusstseinsschärfung beiträgt, kann langsam aber stetig die dramatische Lebenssituation dieser liebenswerten Geschöpfe verbessert werden. Denn auch das ist den Kretern klar: Die Kettenhundehaltung ist kein schönes Aushängeschild für ein touristisches Land.
Hundeversorgung: Brigitte Scheichel, APAL Kreta
Uns ist klar: Jeder kann sich nur dafür einsetzen und spenden, wofür man motiviert ist. Die persönliche Hundebegegnung war eindrücklich und das Leid hat uns sehr berührt. So hoffen wir, dass gerade jetzt in der Zeit des Weihnachtskonsums und der Silvesterraketen die Leserschaft dieses Berichts mit Herzblut in den Spenden-Geldbeutel greift und diese Info weitergibt. Denn jeder Euro hilft…
Text: Manuela Unger
Weitere Informationen unter:
www.tsv-suedkreta.de
Spendenformular unter:
Spendenkonto:
Inhaber: TSV Südkreta e.V., IBAN DE88 2519 3331 0714 3931 00, BIC GENODEF1PAT